In der Bauerschaft Kirchlinde bestand seit frühester Zeit eine Kapelle, die zunächst dem Benediktinerkloster Deutz unterstand und die im Jahre 1220 (1221) zusammen mit der gleichnamigen Villikation in „Lehnspacht“ an das Kloster Oelinghausen gelangte. Bereits 1147 wird die Kapelle in einer alten Urkunde des Klosters in Deutz genannt. Nach der Übertragung an Oelinghausen hatte seit dieser Zeit das Prämonstratenserinnenkloster sowohl für den baulichen Zustand als auch für die Ausstattung zu sorgen.
Die Kapelle besaß ein äußerst seltenes Patrozinium. Sie war dem Hl. Tryphon geweiht, ein Heiiger, der in Kappadokien (Türkei) beheimatet war und dessen Kult von Byzanz um das Jahr 1000 nach Rom und weiter nach Kotor in und nach Norditalien gelangte.
In der Barockzeit wurde die Kapelle vom Kloster Kloster Oelinghausen restauriert und im Inneren neugestaltet. Propst Theodor Sauter (1704-1732) ließ einen der beiden Oelinghauser Seitenaltäre (Maria Verkündigung) mit barockem Zierrat versehen und in der Kapelle von Kirchlinde aufstellen.
Die alte gotische Einrichtung der Kapelle wurde offensichtlich wenigstens teilweise aufbewahrt und gelangte später um 1900 wieder nach Oelinghausen zurück. Dazu gehören das hochromanische Kreuz aus der Zeit um 1150 und 3 Altarreliefs, die eine Heiligenlegende darstellen und sich heute in Oelinghausen und im Schloss Herdringen befinden.
Da viele der Kirchlindener Ausstattungsstücke nachweislich aus Oelinghausen stammen, so ist vermutlich das Kloster auch als früherer Herkunftsort des romanischen Kreuzes anzunehmen.
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass das Kreuz noch aus der alten Deutzer (später Oelinghauser) Kapelle stammt. Die Kapelle wird bereits um 1150 erstmals erwähnt. In der Klosterzeit wird das große romanische Kreuz in Urkunden und Aufzeichnungen direkt nicht genannt.
Aufgrund der qualitätsvollen Arbeit der Figur ist allerdings wahrscheinlicher, dass diese als romanisches Triumphkreuz für die erste Klosterkirche in Oelinghausen geschaffen wurde.
Nach der Klosteraufhebung im Jahre 1804 geriet die Kapelle in Vergessenheit und niemand kümmerte sich mehr um sie. Sie wurde immer baufälliger und schließlich um 1815 abgebrochen. Schon bald darauf errichtete die Inhaberfamilie Schulte-Bauerdick eine neue kleinere Kapelle in Kirchlinde. Die frühere Ausstattung war vor dem Abbruch sichergestellt worden und wurde nun in der neuen Kapelle wieder aufgestellt. Dem Altarbild entsprechend wurde aus der kleinen Kirche eine Marienkapelle.
Aus der alten Kapelle hat sich das romanische Tympanon von der Eingangstür erhalten. Es wurde nach dem Abbruch mit weiteren Ziersteinen in die Außenwand des Speichers eingelassen und so der Nachwelt überliefert. Es zeigt zwei wilde Tiere (Löwen?), die sich unter einem Kreuz verneigen. In der Interpretation stehen die wilden Tiere für das Heidentum, die sich dem Christentum, symbolisiert durch das Kreuz an zentraler Stelle, unterwerfen und sich verneigen.