"Bei den Vögeln ist alles Musik, ..."

"Bei den Vögeln ist alles Musik, ..."

Rezensent: Dr. Werner Hümmeke

In der Reihe „Musica Sacra“ begrüßte Bernhard Padberg vom Freundeskreis Oelinghausen am vergangenen Sonntag das Publikum in der gut besuchten Klosterkirche. Er versprach ein besonderes Hörvergnügen, sollten doch Vogelstimmen in dem Konzert die Hauptrolle spielen. Als Interpreten dieses nicht alltäglichen Programms stellte er Tomasz Adam Nowak vor, Professor für Künstlerisches Orgelspiel und Improvisation an der Musikhochschule Detmold. Nowak, zugleich 1. Organist an St. Lamberti Münster und vielgereister Konzertorganist führte mit launigen Worten in das Konzert ein. Er zitierte Oliver Messiaen, der das wohl berühmteste Vogelwerk „Les Oiseaux“ komponiert hat: „Bei den Vögeln ist alles Musik, improvisiert zum eigenen Vergnügen und um die aufgehende Sonne zu begrüßen.“ 
Die Programmauswahl war im Hinblick auf die Oelinghauser Orgel aus der Renaissance- und Barockzeit gewählt. In der einleitenden Toccata („toccare“, die Orgel „schlagen“) fühlte man sich in die Natur mit zwitschernden Vögeln versetzt. Deutlicher ging es im „Capriccio sopra il Cucco“ von G. Frescobaldi zu. Das scherzhafte Musikstück beginnt mit einer kleinen Terz, bekannt auch als „Kuckucksterz“. Viele Kinderlieder beginnen damit, z.B. „Kuckuck, ruft‘s aus dem Wald“. Etliche Male ertönt der Ruf von filigran gespielten Läufen umrankt. In seiner Ciacona treibt der deutsche Komponist J.C. Kerll seine Freude an diesem rufenden Vogel auf die Spitze: Tomasz Nowak bot eine CD als Preis für denjenigen, der die Anzahl der Rufe möglichst genau heraushören konnte. Mit 77 kam ein Zuhörer den 79 Kuckucks erstaunlich nahe, obwohl der Kuckuck auch schon mal in Moll oder einer fallenden Quarte sang. Ebenfalls in der Natur sind die Rufe unterschiedlich, je nachdem, wie es die Jungen von den Eltern gelernt haben. Auch die Nachahmung der Nachtigall war damals beliebt. Besonders dem Komponisten A. Poglietti hatte es dieser Vogel angetan. Gleich vier Stücke spielte Nowak mit viel Delikatesse, darunter eine witzige „Aria bizzara del Rossignolo“. Vollends bei Pogliettis „Canzon und Capriccio über das Henner- und Hahnengeschreij“ kam ein Schmunzeln auf die Gesichter der Zuhörer. Dabei kam dem Organisten das „Schnarrwerk“ der Orgel, die Zungenregister von Trompete und Posaune, sehr zustatten. Dissonanzenreiche Zusammenklänge, die sonst streng verboten waren, erklangen zur Illustration. Eines der bekanntesten programmatischen Stücke der Zeit durfte natürlich nicht fehlen: „Kuckuck und Nachtigall“ aus dem Orgelkonzert F-Dur von G.F. Händel. Nowak spielte auch hier wiederum virtuos, mit viel Spielwitz, und verblüffte mit blitzschnellen Register- und Lagenwechseln bei einer Komposition, die normalerweise von Streichern und Orgel gespielt wird. Bei der Improvisation über „Alle Vögel sind schon da“ zog der Meister noch einmal alle Register seines Könnens: Von höchsten Lagen bis zu grummelnden Bässen durchwogte ein vielstimmiges Vogelkonzert den Kirchenrau und veranlasste das Publikum zu stehendem Applaus – natürlich gab es eine Zugabe. Bei einem Nachtreffen wurde der Künstler für sein lebendiges und durchsichtiges Spiel gelobt. Nowak gab das Lob zurück: „Dies ist auch ein Verdienst der wunderbaren Oelinghauser Orgel, die eine derartige, geradezu kammermusikalische Interpretation der Barockkomponisten ermöglicht und die ich an meiner großen Schuke-Orgel in Münsters Lambertikirche so nicht realisieren kann.“

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